Anforderungen an die Erkennbarkeit des Einberufenden einer GmbH-Gesellschafterversammlung (OLG Zweibrücken, Urteil vom 23.08.1979 – 6 U 22/78)

Amtlicher Leitsatz:

  1. Die Gesellschafterversammlung einer Komplementär-GmbH ist dann nicht ordnungsgemäß einberufen, wenn die Einladung nicht eindeutig erkennen lässt, dass der Einladende, der auch Mitgesellschafter der KG ist, in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH handeln wollte und die Einladung nach ihrem Inhalt auch auf eine Gesellschaftsversammlung der KG abgezielt haben kann.

  2. Beschlüsse, die in der nicht ordnungsgemäß einberufenen Gesellschafterversammlung ohne Anwesenheit sämtlicher Gesellschafter gefasst werden, sind nichtig.

Tenor:

Der Antragsteller wendet sich gegen seine Abberufung als Geschäftsführer einer Komplementär-GmbH in einer Gesellschafterversammlung, zu der der Antragsgegner, der sowohl Mitgeschäftsführer der GmbH als auch Mitgeschäftsführer der KG war, eingeladen hatte. In der Gesellschafterversammlung waren nicht alle Gesellschafter der GmbH vertreten. Im Wege der einstweiligen Verfügung hat das LG antragsgemäß die Unwirksamkeit der Abberufung des Antragstellers als Mitgeschäftsführer festgestellt.

Die hiergegen eingelegte Berufung des Antragsgegners blieb ohne Erfolg.

Gründe:

Die Berufung des Antragsgegners ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Senat hat lediglich auf die berichtigten Anträge des Antragstellers das angefochtene Urteil neu gefaßt.

Das Landgericht hat die einstweilige Verfügung in der nunmehr festgestellten Form zu Recht erlassen. Zwischen den Parteien, die beide die Funktion eines Geschäftsführers der Beteiligungs-GmbH für sich in Anspruch nehmen bzw. sich streitig machen, besteht ein Rechtsverhältnis nach § 940 ZPO. Die begehrte einstweilige Verfügung ist zur vorläufigen Regelung dieses Rechtsverhältnisses auch erforderlich. Es liegt auf der Hand, daß der Antragsgegner, der die Stellung eines Alleingeschäftsführers für sich in Anspruch nimmt, dem Antragsteller erhebliche Nachteile in der von diesem in Anspruch genommenen gleichen Funktion zufügen kann.

Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, daß die Gesellschafterversammlung vom 3.2.1979 nicht ordnungsgemäß einberufen worden ist und er deshalb als Geschäftsführer nicht abberufen werden konnte. Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, daß das Einladungsschreiben vom 26.1.1979 nicht erkennen läßt, in welcher Funktion der Antragsgegner die Gesellschafterversammlung einberufen hat. Der Inhalt der notariellen Urkunde vom 3.2.1979 spricht jedenfalls dafür, daß der Antragsgegner als Gesellschafter nach § 50 GmbHG handeln wollte. Wenn dies, wie der Antragsgegner in der Berufungsinstanz vorgetragen hat, nicht seine Absicht war, er vielmehr die Gesellschafterversammlung als damaliger Mitgeschäftsführer der GmbH einberufen haben will, muß er sich entgegenhalten lassen, daß dies aus der Einladung jedenfalls nicht ersichtlich war. Die Unterschrift des Antragsgegners unter die Einladung trägt keinen dahingehenden Zusatz (vgl. hierzu Scholz, Komm. z. GmbH-Gesetz, 6. Aufl., § 51 Anm. 5 a.E.) und läßt auch sonst nicht erkennen, daß der Antragsgegner als damaliger Mitgeschäftsführer der GmbH handeln wollte. Zu Recht macht der Antragsteller auch geltend, er habe aus der Einladung nicht einmal ersehen können, ob der Antragsgegner eine Gesellschafterversammlung der GmbH oder eine Gesellschaftsversammlung der KG habe einberufen wollen. Zwar spricht der Wortlaut der Einladung in einigen Passagen für die Auffassung des Antragsgegners; entschieden dagegen spricht jedoch die Tatsache, daß der Antragsgegner auch die Ehefrau des Antragstellers mit dem gleichen Text eingeladen hatte, obwohl diese unstreitig nicht Gesellschafterin der GmbH, sondern lediglich Kommanditistin der KG ist.

Es läßt sich deshalb feststellen, daß die Versammlung vom 3.2.1979 jedenfalls nicht ordnungsgemäß als Gesellschafterversammlung der GmbH einberufen worden ist. Die Frage, ob der Antragsgegner, der seinerzeit lediglich Mitgeschäftsführer der GmbH war, eine Gesellschafterversammlung ohne die Mitgeschäftsführerin, seine Ehefrau nämlich, überhaupt einberufen konnte, kann deshalb offenbleiben.

Zu Unrecht meint der Antragsgegner, der Antragsteller könne diesen Mangel der Einberufung nicht geltend machen. Nach § 51 Abs. 3 GmbHG können Beschlüsse in einer nicht ordnungsgemäß berufenen Gesellschafterversammlung nur gefaßt werden, wenn sämtliche Gesellschafter anwesend sind. Dies war am 3.2.1979 nicht der Fall. Der Mangel der Einberufung führt auch nicht, wie der Antragsgegner meint, lediglich zu einer Anfechtbarkeit der gefaßten Beschlüsse; diese sind vielmehr nichtig (vgl. Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz, 13. Aufl., § 52 Anm. 5; § 49 Anm. 2 b; Scholz, GmbH-Gesetz a.a.0., § 51 Anm. 19 a. E.). Auf diese Nichtigkeit kann sich der Antragsteller auch ohne die Erhebung einer Nichtigkeitsklage berufen (BGHZ 11, 231, 238 = NJW 1954, 385). Deshalb ist auch die Auffassung des Antragsgegners unrichtig, durch eine einstweilige Verfügung könne die Abberufung eines Geschäftsführers einer GmbH nicht rückgängig gemacht werden. Die Argumente, die das Oberlandesgericht Braunschweig in seiner vom Antragsgegner angegebenen Entscheidung (Urt. v. 18.8.1976 – 3 U 30/76, GmbHR 1977, 61 = FHZivR 23 Nr. 8110 [Ls.]) für seine Auffassung anführt, treffen ohnehin nur auf Gesellschafterversammlungen zu, die ordnungsgemäß einberufen worden sind. Gerade dies war aber vorliegend nicht der Fall.

 

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