Keinen Abberufung bei Bekanntheit des richtigen Grundes vor der Bestellung (BGH, Urteil vom 12.07.1993, Az.: II ZR 65/92)
Amtlicher Leitsatz:
- Die Abberufung eines Geschäftsführers aus wichtigem Grund kann nicht auf Vorgänge gestützt werden, die der Gesellschaft bereits bei seiner Bestellung bekannt waren. Dies gilt grundsätzlich auch für den Fall der Bestellung des Geschäftsführers durch einen möglicherweise wegen Mißbrauchs der Mehrheitsmacht rechtswidrigen, aber von der Minderheit nicht mit Erfolg angefochtenen Beschluß der Gesellschafterversammlung.
Aus dem Sachverhalt:
Die Parteien haben in dem gegenwärtigen Rechtsstreit über das wirksame Zustandekommen verschiedener Beschlüsse der am 25. 6. 1990 abgehaltenen Gesellschafterversammlung der verklagten GmbH gestritten. In der Revisionsinstanz geht es nur noch um die Frage, ob die Kl. zu 2 an diesem Tage aus wichtigem Grund als Geschäftsführerin der Bekl. abberufen worden ist. Gesellschafter der Bekl. mit Geschäftsanteilen von je 220000 DM waren zu diesem Zeitpunkt der Kl. zu 1, E, sowie seine Geschwister M und C, dessen Geschäftsanteil die Kl. zu 2 aufgrund einer Abtretung vom 20. 3. 1987 für sich in Anspruch nimmt. Weitere Geschäftsanteile von je 150000 DM besaßen die Kl. zu 2, F und die Erben nach ihrem 1986 verstorbenen Bruder B, deren Rechte von der Testamentsvollstreckerin und Mitgeschäftsführerin R wahrgenommen werden. Eine später durch Beschluß der Gesellschafterversammlung vom 6. 9. 1990 beschlossene Einziehung des Geschäftsanteils des Kl. zu 1 ist inzwischen auf dessen Anfechtungsklage rechtskräftig für unwirksam erklärt worden (vgl. Senat, Beschl. v. 14. 6. 1993 – II ZR 112/92). Geschäftsführer der Bekl. war bis zum 31. 10. 1986 der Kl. zu 1, danach die Kl. zu 2. Am 18. 5. 1987 wurde die Kl. zu 2 als Geschäftsführerin nach § 38 I GmbHG abgewählt und durch den Kl. zu 1 ersetzt, der am 4. 6. 1987 als solcher im Handelsregister eingetragen wurde. Nach zwischenzeitlicher gerichtlicher Einsetzung eines Notgeschäftsführers wurde die Kl. zu 2 am 16. 5. 1989 ein weiteres Mal zur Geschäftsführerin der Gesellschaft gewählt, was in der Folgezeit im Handelsregister eingetragen wurde. In der auf den 25. 6. 1990 einberufenen Gesellschafterversammlung sollte
erneut über ihre Abberufung sowohl nach § 38 I GmbHG als auch wegen der Vorgänge im Zusammenhang mit der Abtretung des Geschäftsanteils von C am 20. 3. 1987 aus wichtigem Grund abgestimmt werden. Zu Beginn der Versammlung stellte Rechtsanwalt G als Vertreter der Gesellschafterin M seine Wahl zum Versammlungsleiter und Protokollführer fest. Hinsichtlich des weiteren Verlaufs der Gesellschafterversammlung stellt das von Rechtsanwalt G als Versammlungsleiter geführte Protokoll u. a. die Annahme der Abberufungsanträge fest. Demgegenüber wird in einem von dem Gesellschafter C geführten Gegenprotokoll, das die Kl. zu 2 ohne Feststellungen zur Wahl des Versammlungsleiters als Versammlungsleiterin ansieht, die Ablehnung dieser Anträge verzeichnet. In dem vorliegenden Rechtsstreit hat der Kl. zu 1 nach der Rücknahme seiner andere Tagesordnungspunkte betreffenden Klage die Feststellung der Wahl von Rechtsanwalt G zum Protokollführer sowie Versammlungsleiter und die Abberufung der Kl. zu 2 sowohl nach § 38 I GmbHG als auch aus wichtigem Grunde, hilfsweise die Nichtigerklärung der von der Kl. zu 2 festgestellten (gegenteiligen) Beschlüsse, beantragt. Die Kl. zu 2 hat die Feststellung, daß sie weder nach § 38 I GmbHG noch aus wichtigem Grunde abberufen worden ist, hilfsweise die entsprechende Feststellung unter Nichtigerklärung der gegenteiligen Beschlüsse der Gesellschafterversammlung, beantragt. Die Bekl. hat hinsichtlich der Klage des Kl. zu 1 Klageabweisung beantragt und die Klage der Kl. zu 2 anerkannt. Beide Kl. sind dem Rechtsstreit auf Seiten der Bekl. jeweils zur Abwehr der anderen Klage als Nebenintervenienten beigetreten.
Das LG hat unter Abweisung beider Klagen im übrigen auf die Klage des Kl. zu 1 unter Nichtigerklärung des gegenteiligen Beschlusses der Gesellschafterversammlung die Abberufung der Kl. zu 2 als Geschäftsführerin der Gesellschaft aus wichtigem Grund und auf die Klage der Kl. zu 2 das Unterbleiben ihrer Abberufung nach § 38 I GmbHG festgestellt. Das OLG hat die Berufung der Kl. zu 2 und der Bekl. zurückgewiesen und den Kl. zu 1 des von ihm eingelegten Rechtsmittels der Berufung für verlustig erklärt. Mit der Revision verfolgt die Kl. zu 2 ihre in der Berufungsinstanz ohne Erfolg gebliebenen Anträge weiter. Die Revision hatte Erfolg.
Aus den Gründen:
I. Unzutreffend ist allerdings die Ansicht der Revision, der Kl. zu 1 habe die von der Kl. zu 2 in der Gesellschafterversammlung der Bekl. vom 25. 6. 1990 festgestellten Beschlüsse nicht rechtzeitig in der von der Satzung der Bekl. vorgesehenen Frist von zwei Monaten mit der Klage angefochten, weil er in der ersten Instanz keine entsprechenden Anträge gestellt habe.
Die Klageschrift des Kl. zu 1 vom 23. 8. 1990 enthält in bezug auf diejenigen Teile des Klagebegehrens, welche die in der Gesellschafterversammlung vom 25. 6. 1990 laut Protokoll des Gesellschafters C von der Kl. zu 2 als Versammlungsleiterin getroffenen Beschlußfeststellungen betreffen, hilfsweise den Antrag, diese Beschlüsse für nichtig zu erklären. In dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vor dem LG Amberg heißt es dazu allerdings nur, der Kl. zu 1 stelle die Anträge aus dem Klageschriftsatz vom 23. 8. 1990 zu Nrn. I 2., 9. und 10. Dies ist jedoch unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Anfechtungsfrist unschädlich, weil es hierfür grundsätzlich allein auf die rechtzeitige Klageerhebung (§ 15 der Satzung der Bekl. i. V. mit § 246 AktG in sinnentsprechender Anwendung) ankommt. Eine spätere Rücknahme der Anfechtungsklage, welche die fristwahrende Wirkung der Klageerhebung beseitigen könnte, ist nicht erfolgt. Die von dem Kl. zu 1 im Laufe des Rechtsstreits erklärte Rücknahme seiner Klage betrifft ausweislich des Sitzungsprotokolls des LG Amberg vom 10. 6. 1991 ausdrücklich nur die Feststellungsanträge zu Nrn. I 1., 3. -8., 11., 12. der Klageschrift, nicht aber die Feststellungsanträge zu Nrn. I 2., 9., 10., auf die sich der Hilfsantrag bezieht. Auch im übrigen ergeben sich weder aus dem Gerichtsprotokoll noch aus sonstigen Gesichtspunkten irgendwelche Umstände, aus denen der Wille des Kl. zu 1 entnommen werden könnte, seinen in der Klageschrift angekündigten Hilfsantrag nicht weiterzuverfolgen. Infolgedessen ist davon auszugehen, daß der aus dem Klageschriftsatz gestellte Antrag zu den genannten Nummern ohne weiteres auch den dazugehörigen Hilfsantrag mitumfassen
sollte. In diesem Sinne hat auch das LG den Antrag des Kl. ausweislich des Tatbestandes seines Urteils verstanden. Bei dieser Sachlage ist nicht von einem prozessualen Verhalten des Kl. zu 1 auszugehen, das geeignet sein könnte, die materiell-rechtlichen Wirkungen seiner rechtzeitig erhobenen Klage rückgängig zu machen.
II. Vergeblich wendet sich die Revision ferner im Ergebnis gegen die Annahme des BerGer., daß die am 6. 9. 1990 nach Klageerhebung beschlossene Einziehung des Geschäftsanteils des Kl. zu 1 diesen nicht daran hindert, die Abberufung der Kl. zu 2 durch die am 25. 6. 1990 erfaßten Beschlüsse der Gesellschafterversammlung der Bekl. geltend zu machen.
Wie der Senat (BGHZ 43, 261 = NJW 1965, 1378 = LM § 47 GmbHG Nr. 7 (L)) ausgeführt hat, kann ein Gesellschafter, der einen Beschluß mit der Nichtigkeits- und/oder Anfechtungsklage angegriffen hat, den Rechtsstreit nach § 265 ZPO auch nach der Veräußerung seines Geschäftsanteils fortsetzen, sofern er daran noch ein rechtliches Interesse hat. Entgegen der Annahme der Parteien erfordert der gegenwärtige Rechtsstreit keine Auseinandersetzung mit der Frage, ob, gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen, Entsprechendes trotz der Verschiedenartigkeit der Wirkungen von Veräußerung und Einziehung eines Geschäftsanteils auch für den letztgenannten Sachverhalt anzunehmen sein könnte. Denn im vorliegenden Fall hat das OLG Nürnberg den Einziehungsbeschluß der Gesellschafterversammlung auf die Anfechtungsklage des Kl. zu 1 durch Urt. v. 19. 3. 1992 für unwirksam erklärt. Die dagegen eingelegte Revision der Gesellschaft ist vom Senat inzwischen durch Beschl. v. 14. 6. 1993 nicht angenommen worden. Aufgrund der Gestaltungswirkung dieser Entscheidung (vgl. dazu statt aller Hachenburg-Th. Raiser, GmbHG, 8. Aufl., Anh. § 47 Rdnrn. 236, 237 m. w. Nachw.) steht damit die rückwirkende Nichtigkeit des gegen den Kl. zu 1 gefaßten Einziehungsbeschlusses für und ge- gen jedermann rechtskräftig fest. Jedenfalls ein von Anfang an aus allgemeinen Gründen nichtiger und nicht nur wegen Ausbleibens der geschuldeten Abfindungszahlung ohne Wirksamkeit bleibender (vgl. zu diesem
Fragenkreis Hachenburg-Ulmer, § 34 Rdnrn. 57 ff.) Einziehungsbeschluß aber vermag, da er keine Rechtswirkungen entfalten und deshalb auch die Gesellschafterstellung des Kl. zu 1 nicht berühren konnte, dessen Recht, Beschlüsse der Gesellschafterversammlung mit der Anfechtungs- oder Nichtigkeitsklage zu bekämpfen, nicht zu beseitigen.
III. Unbegründet ist ferner die Rüge der Revision, das BerGer. hätte bei seiner Entscheidung das Anerkenntnis der Bekl. berücksichtigen müssen. Im Schrifttum ist streitig, ob der Geschäftsführer als Vertreter der Gesellschaft für diese im kassatorischen Verfahren ein Anerkenntnis abgeben kann (vgl. Scholz-K. Schmidt, GmbHG, 7. Aufl., § 45 Rdnr. 159 m. w. Nachw. auch zur Gegenmeinung in Fußn. 500). Die Gegenmeinung, welche die Zulässigkeit eines solchen Anerkenntnisses bejaht, stützt sich darauf, daß ohnehin nicht verhindert werden könne, daß die Gesellschaft den Vortrag des Kl. nicht bestreite (vgl. etwa Hachenburg-Th. Raiser, Anh. § 47 Rdnr. 225; Zöllner, in: KölnerKomm. z. AktG, 1. Aufl., § 246 Rdnr. 74 für die entsprechende Rechtslage bei der Aktiengesellschaft) und auf diese Weise seiner Klage zum Erfolg verhelfe. Es kann dahinstehen, ob dem allgemein zuzustimmen wäre. Denn im vorliegenden Fall ist der Kl. zu 1 gegenüber der Klage der Kl. zu 2 auf Seiten der Bekl. als Nebenintervenient beigetreten. Die Nebenintervention eines anderen Gesellschafters auf Seiten der Gesellschaft gegen die kassatorische Klage eines Gesellschafters ist immer streitgenössische Nebenintervention i. S. von § 69 ZPO (vgl. Hachenburg-Th. Raiser, Anh. § 47 Rdnr. 201; Scholz-K. Schmidt, § 45 Rdnr. 156: beiläufig weil selbstverständlich; vgl. auch für die entsprechende Lage bei der Aktiengesellschaft Zöllner, in: KölnerKomm. z. AktG, § 246 Rdnrn. 74, 91). Infolgedessen konnte das Anerkenntnis der Bekl. gegen den Widerspruch des Kl. zu 1 keine Wirkung entfalten.
IV. Das Berufungsurteil kann jedoch aus einem anderen Grunde keinen Bestand haben. Nach Ansicht des BerGer. ist das Verbleiben der Kl. zu 2 in der Organstellung für die Gesellschaft unzumutbar, weil sie sich mit notariell beurkundetem Vertrag vom 20. 3. 1987 den Geschäftsanteil von C hat abtreten lassen, ohne ihre Mitgesellschafter davon zu unterrichten.
Das BerGer. wertet dieses Vorgehen als einen Versuch der Kl. zu 2, das ihren Mitgesellschaftern nach § 4 des Gesellschaftsvertrages der Bekl. zustehende Vorkaufsrecht zu umgehen, der zeige, daß sie ohne weiteres bereit sei, gegen die Satzung zu verstoßen, wenn ihr das persönlich zum Vorteil gereiche. Dies mache sie auch als Geschäftsführer der Gesellschaft untragbar. Die Wichtigkeit dieses Abberufungsgrundes sei nicht dadurch “verbraucht”, daß die Kl. zu 2 nach der Abtretungsvereinbarung vom 20. 3. 1987 am 16. 5. 1989 in Kenntnis des Abtretungsvertrages erneut zur Geschäftsführerin bestellt worden ist. Dies hält, wie die Revision zutreffend rügt, rechtlicher Prüfung nicht stand.
Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 14. 10. 1991 (NJW-RR 1992, 292 = LM H. 4/1992 § 38 GmbHG Nr. 11 m. Anm. Roth = WM 1991, 2140 (2141)) ausgeführt hat, kann das Recht der Gesellschaft zur Abberufung ihres Geschäftsführers aus wichtigem Grund sogar hinsichtlich seines Verhaltens während seiner Amtszeit durch Verwirkung verlorengehen, wenn die Gesellschaft den Geschäftsführer in Kenntnis der Abberufungsgründe über längere Zeit hinweg weiter im Amt beläßt, und der Geschäftsführer aufgrund dieses Verhaltens nach Treu und Glauben davon ausgehen darf, sie wolle auf diese Umstände nicht mehr zur Begründung einer Abberufung zurückkommen. Ebensowenig kann die Gesellschaft zur Begründung einer Abberufung ihres Geschäftsführers aus wichtigem Grund auf ihr bereits bei seiner Bestellung zum Geschäftsführer bekannte Vorgänge zurückgreifen (vgl. BGHZ 13, 188 (194) = NJW 1954, 998 = LM § 75 AktG Nr, 7). Durch die Berufung in das Amt des Geschäftsführers macht die Gesellschaft in eher noch höherem Maße als durch die Unterlassung der Abberufung aus diesem Amt deutlich, daß sie den ihren Gesellschaftern bekannten Vorgang nicht als Hinderungsgrund für die Ausübung der Tätigkeit eines Geschäftsführers betrachten will. Dabei kann es keinen
Unterschied machen, ob es sich um die erstmalige Bestellung, eine Wiederbestellung bei Ablauf der Amtszeit oder wie im vorliegenden Fall um eine Neubestellung nach vorübergehendem Ausscheiden aus dem Amt handelt. Entscheidend ist, daß der Geschäftsführer aufgrund seiner Bestellung durch die Gesellschaft in Kenntnis des betreffenden Vorgangs davon ausgehen durfte, die Gesellschaft sehe darin keinen Grund, der seine Tätigkeit in der Stellung eines Geschäftsführers für sie unzumutbar mache.
Demgegenüber kann sich der Kl. zu 1 entgegen der Ansicht seiner Revisionserwiderung nicht darauf berufen, er müsse sich als Minderheitsgesellschafter nicht das durch Mehrheitsbeschlüsse der Gesellschafterversammlung gesteuerte Verhalten der Gesellschaft zurechnen lassen, weil andernfalls eine rechtliche Kontrolle der Mehrheitsherrschaft nicht mehr gewährleistet sei. Die Rechte des Kl. zu 1 als Minderheitsgesellschafter sind hinreichend dadurch gewährleistet, daß er den mit den Stimmen der Mehrheit gefaßten Gesellschafterbeschluß, durch den eine zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft ungeeignete Person zum Geschäftsführer berufen wird, auf dem Wege der Anfechtungsklage für unwirksam erklären lassen kann. Nicht anders als bei der Abberufung gebietet es die gesellschafterliche Treuepflicht allen Gesellschaftern, keinen Geschäftsführer zu berufen, in dessen Person wichtige Gründe vorliegen, die seine Tätigkeit in der Organstellung für die Gesellschaft unzumutbar machen. Stimmabgaben, die gegen dieses Verbot verstoßen, können treuwidrig und deshalb als rechtsmißbräuchlich und nichtig bei der Feststellung des Beschlußergebnisses nicht mitzuzählen sein (Senat, NJW-RR 1988, 969 = LM § 709 BGB Nr. 13 = WM 1988, 23 (25); Senat, NJW 1991, 846 = LM § 46 GmbHG Nr. 26 = WM 1991, 97).
Dies gilt auch dann, wenn der zum Geschäftsführer Berufene zwar das Vertrauen der Gesellschaftermehrheit besitzt, aber objektiv berechtigte schwerwiegende Zweifel vorliegen, daß er die Geschäfte der Gesellschaft ordnungsgemäß führen wird. Die gleichwohl mit den Stimmen der Mehrheit erfolgte Bestellung eines solchen Geschäftsführers ist mithin anfechtbar. Nimmt der Mehrheitsgesellschafter sie dagegen hin oder wird seine dagegen erhobene Anfechtungsklage rechtskräftig mit der Begründung abgewiesen, daß der Kl. keine Umstände geltend gemacht hat, welche die Berufung des Geschäftsführers in dieses Amt durch die übrigen Gesellschafter als treuwidrig erscheinen lassen, so muß dies auch der Minderheitsgesellschafter gegen sich gelten lassen mit der Folge, daß auch er auf die ihm bekannten, bereits vor der Wahl des Geschäftsführers liegenden Vorgänge nicht mehr zur Begründung eines späteren Abberufungsverlangens zurückkommen kann, solange nicht weitere Umstände eintreten, die gegebenenfalls zusammen mit den früheren das Verbleiben in diesem Amt nunmehr unzumutbar machen.
So liegt es im vorliegenden Fall. Die gegen die seinerzeitige Berufung der Kl. zu 2 in das Amt des Geschäftsführers der Gesellschaft gerichtete Klage des Kl. zu 1 ist ohne Erfolg geblieben. Damit macht es, wie sich aus den vorausgehenden Ausführungen ergibt, keinen Unterschied, ob sich der Kl. zu 1 in seiner seinerzeitigen Klage auch auf die Vorgänge im Zusammenhang mit der Abtretung vom 20. 3. 1987 berufen hatte.
V. Der Rechtsstreit ist jedoch noch nicht zur Entscheidung reif, weil – worauf sich der Kl. zu 1 in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich berufen hat – die Abberufung der Kl. zu 2 nicht nur auf ihr Vorgehen bei der Anteilsabtretung vom 20. 3. 1987, sondern auf eine erhebliche Anzahl weiterer wichtiger Gründe gestützt worden ist. Diese Abberufungsgründe sind in dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils unter a) -k) im einzelnen aufgeführt. In seiner Berufungserwiderung vom 4. 12. 1991 rügt der Kl. zu 1 zudem ausdrücklich, daß das LG die Berechtigung zur Abberufung der Kl. zu 2 aus wichtigem Grund lediglich mit der Anteilsabtretung vom 20. 3. 1987 begründet, hinsichtlich weiterer neun von ihm bereits in erster Instanz aufgeführter Gründe dagegen zu Unrecht verneint habe. Auch der weitere Verlauf des Prozesses vor dem OLG bietet keinen Anhaltspunkt für die Annahme, der Kl. zu 1 habe auf diese gegen die Kl. zu 2 erhobenen Vorwürfe nicht mehr zurückkommen wollen. Diese weiteren möglichen Abberufungsgründe sind von dem BerGer. – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – bisher nicht gewürdigt worden. Zwar liegt es nach dem Aktenstand nahe anzunehmen, daß auch sie mindestens zum ganz überwiegenden Teil bereits vor der erneuten Bestellung der Kl. zu 2 zur Geschäftsführerin liegen und bei ihrer Wiederwahl bereits bekannt waren, so daß sie rechtlich im Ergebnis nicht anders zu bewerten sind als die Vorgänge anläßlich der Anteilsabtretung vom 20. 3. 1987. Eine abschließende Entscheidung auch darüber kann jedoch nicht ohne vorherige Erörterung mit den Parteien und weitere tatsächliche Feststellungen getroffen werden. Die Sache muß deshalb an das BerGer. zurückverwiesen werden.
(NJW-RR 1993, 1253, beck-online)
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