VSOP -Vertragsbedingungen erklärt (mit Muster-Vorlage)

Obgleich virtuelle Beteiligungen nach der Einführung des § 19a EStG nur noch in seltenen Fällen vereinbart werden, spielen die typischen VSOP-Vertragsbedingungen nach wie vor eine Rolle genauso in der Startup-Welt wie in etablierten Unternehmen. In diesem Artikel erklären wir die typischen Begriffe einfach verständlich. Außerdem zeigen wir auf, welche Auswirkungen sich aus der AGB-Kontrolle ergeben, die auf die VSOP-Vertragsbedingungen Anwendung findet.

Hier geht es zu unserer anwaltlich geprüften VSOP-Vertragsvorlage: ➡️ Virtuelle Mitarbeiterbeteiligung (Phantom Stock Agreement)

Ty­pi­sche VSOP-Ver­trags­be­din­gun­gen

Ver­gü­tungs­an­spruch im Exit­fall

Zunächst muss definiert werden, welche Ereignisse zu einem Zahlungsanspruch führen sollen. In Betracht kommen insbesondere die mehrheitliche Veräußerung von Gesellschaftsanteilen an einen Dritten im Rahmen eines Share Deals, eine Umwandlung, ein Asset Deal oder der Börsengang. 

Die Berechnung der Anspruchshöhe muss transparent und eindeutig, idealerweise mithilfe einer Formel geregelt werden. 

Strike Pri­ce

Denkbar ist ferner, bei der Berechnung der schuldrechtlichen Exitvergütung einen fiktiven Ausgabepreis („Strike Price“) als Abzugsposten anzusetzen, der sich zum Beispiel an der Bewertung einer der Ausgabe des Phantom Stock vorangegangenen Finanzierungsrunde ausrichten kann. Dies ermöglicht eine differenzierte Behandlung von Mitarbeitern je nach dem Zeitpunkt ihres Eintritts und damit der Wertentwicklung des Start-Ups. 

Bei Startups ist es durchaus üblich, einen Strike Price von 1 € festzulegen. D.h. der Mitarbeiter muss sich dann keinen fiktiven Ausgabepreis von seiner VSOP-Vergütung abziehen lassen.

Ves­ting-Pe­ri­ode

Die schuldrechtlichen Zahlungsansprüche werden oftmals einem sogenannten Vesting-Modell unterstellt, um die Unternehmensloyalität zu steigern. Die virtuellen Anteile werden sukzessive nach Zeitablauf ausgegeben. Dieser Ansparzeitraum dauert in der Praxis regelmäßig 4 bis 5 Jahre. Erst nach dessen Ablauf werden die virtuellen Anteile unverfallbar. Die Zuteilung kann auch an die Erreichung bestimmter Leistungserfolge gekoppelt werden. Die Erreichung dieser Stichtage und Leistungserfolge stellt dann eine aufschiebende Bedingung der zugewandten Rechte aus virtuellen Anteilen dar.

Cliff-Pe­ri­ode

Teil eines Vesting-Modells ist oftmals auch ein sog. „Cliff“ bzw. eine Cliff-Periode, wonach erst nach Ablauf eines bestimmten Wartezeitraums virtuelle Anteile gevestet werden können. Als Zeitraum werden hier regelmäßig 6 bis 24 Monate angesetzt.

Good-Lea­ver/Bad-Lea­ver

Umgekehrt können die virtuellen Anteile auch unter ein sogenanntes negatives Vesting gestellt werden, indem sie bei einem vorzeitigen Ausscheiden des Mitarbeiters je nachdem, ob er sein Ausscheiden während eines bestimmten Zeitraums (Vesting Periode) selbst zu vertreten hat (Good/Bad-Leaver), ganz oder teilweise verfallen. Das Ausscheiden stellt in diesen Fällen eine auflösende Bedingung der zugewandten Rechte aus virtuellen Anteilen dar. 

Um die Beteiligung eines ausgeschiedenen Mitarbeiters zu beenden, kann sich das Unternehmen im Übrigen ein Abfindungsrecht vorbehalten. Durch Zahlung einer vorher bestimmten oder bestimmbaren Abfindungssumme kann das Unternehmen dann auch bereits gevestete Anteile ablösen und z.B. an neue Mitarbeiter vergeben.

Ac­ce­le­ra­ted Ves­ting

Werden virtuelle Anteile im Nachhinein Mitarbeitern gewährt, die bereits längere Zeit zum Aufbau des Start-Ups beigetragen haben, kann auch ein Teil als „pre-vested“ und damit verdient behandelt werden. Im Fall eines Unternehemnsverkaufs vor Ablauf der Vesting Periode werden jedoch meist alle virtuellen Anteile als gevestet fingiert (Accelerated Vesting) – die Mitarbeiter sollen nicht dazu angehalten werden, einen Exit zu verzögern, um die Vesting Periode zu erfüllen.

VSOP-Klau­seln und AGB-Kon­trol­le

Die Gewährung virtueller Anteile erfolgt auf rein schuldrechtlicher Basis zwischen der Gesellschaft und dem Mitarbeiter. Dies meist in einem Anstellungs-, Ergänzungs- oder Beteiligungsvertrag. In der Regel wird dabei auf vorformulierte Vertragsbedingungen zurückgegriffen, die, sofern nicht individuell verhandelt, unter den Prüfungsmaßstab der AGB-Kontrolle nach § 305 bis § 310 BGB fallen. 

Trans­pa­renz­kon­trol­le

Die Gewährung virtueller Anteile ist Teil der arbeitsvertraglichen Vergütung und arbeitsrechtlich dem Arbeitsentgelt zuzuordnen, da dies dem Ausgleich der anfangs noch nicht ausreichend vorhandenen finanziellen Mittel des Arbeitgebers, der Belohnung der Betriebstreue und der zukünftigen Bindung des Arbeitnehmers an das Unternehmen dient. Diese Hauptleistungspflicht der Entgeltzahlung muss im Sinne des Transparenzgebots nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB so klar und verständlich formuliert sein, dass der Mitarbeiter erkennen kann, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe sein Zahlungsanspruch besteht. Eine bestimmte Höhe muss bei Vertragsschluss noch nicht genannt werden. Es reicht die Bestimmbarkeit. Problematisch wäre jedenfalls die Anknüpfung des Zahlungsanspruchs an unbestimmte Voraussetzungen wie zum Beispiel die „Steigerung der Kundenzufriedenheit“.

In­halts­kon­trol­le und An­ge­mes­sen­heit

Die Vereinbarungen über die virtuelle Beteiligung müssen einer Inhaltskontrolle standhalten und dürfen den Mitarbeiter insbesondere nicht unangemessen benachteiligen. 

Regelmäßig regelt eine Verfallklausel in einem Vesting-Modell den Verlust der gewährten virtuellen Anteile unter bestimmten Voraussetzungen, wie zum Beispiel die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vor Ablauf einer bestimmten Zeitspanne. Anders als bei direkter oder indirekter Gesellschaftsbeteiligung des Mitarbeiters ist bei einem Verfall virtueller Anteile auch keine Abfindung zu leisten. Deswegen unterliegen diese Klauseln einer strengen Angemessenheitskontrolle, die das Spannungsverhältnis zwischen der von Art. 14 GG geschützten Unternehmensfreiheit des Start-Up-Unternehmers und der von Art. 12 GG geschützten Berufswahlfreiheit des Mitarbeiters aufzulösen hat.

Für die Angemessenheit der Verfallklausel ist wichtig, dass die maßgeblichen Fristen den Mitarbeiter nicht allzu lange an das Unternehmen binden und damit seine Berufsfreiheit nicht unangemessen eingeschränkt wird. Die jeweilige Fristdauer ist sorgfältig zu bestimmen. Auch die Höhe der gewährten Festvergütung spielt dabei eine Rolle. Je höher die Festvergütung, desto weniger ist der Mitarbeiter vom Zahlungsanspruch für seine virtuellen Anteile abhängig und desto strengere Verfallklauseln können vereinbart werden. Zudem ist wichtig, dass hinreichend zwischen Good-Leavern und Bad-Leavern und den daran anküpfenden Rechtsfolgen differenziert wird. 

Be­ach­tung des Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes

Gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB sind über die allgemeine Inhaltskontrolle hinaus bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen. Im Verhältnis zu Mitarbeitern ist somit insbesondere auch der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Unzulässig ist danach eine sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer, aber auch eine sachfremde Gruppenbildung, die sich daran zu orientieren hat, ob sich die betreffenden Arbeitnehmer nach dem Zweck der Leistung oder anderer Merkmale in einer im Wesentlichen übereinstimmenden Lage befinden.

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Ein Artikel von

Hubertus Scherbarth, LL.M, B.A
Hubertus Scherbarth, LL.M, B.A

Rechtsanwalt, Steuerberater

Hubertus ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit dem Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht und arbeitet daran, die Digitalisierung der Beschlussfassung voranzutreiben.

Hubertus hat sich schon mit Beschlüssen beschäftigt, als er beim Notar eine Ausbildung zum Notarfachangestellten machte. Derzeit promoviert er zu einem gesellschaftsrechtlichen Thema im Bereich der Managerhaftung.

Kurzvita:


2010 - Ausbildung in Notariat Koblenz zum Notarfachangestellten.

2010-2018 - Studium der Rechtswissenschaft und Europäischen Kunstgeschichte an den Universitäten Heidelberg, Sorbonne-Paris und Krakau, Erstes Juristisches Staatsexamen 2015 (Schwerpunkt Gesellschaftsrecht), Bachelorprüfung Kunstgeschichte 2018.

Seit 2015 - Arbeit an einer Dissertation auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ("Haftung des fehlerhaften Organwalters").

2019-2021 - Referendariat am Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

2020 - Steuerberaterprüfung.

2021 - Zweites Juristisches Staatsexamen.

Seit 2021 - Zugelassen als Rechtsanwalt und Steuerberater, Tätigkeit in überregionaler Anwaltskanzlei im Gesellschaftsrecht.

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Moritz Riehl
Moritz Riehl

Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Moritz Riehl ist spezialisiert auf die arbeits- und gesellschaftsrechtliche Beratung von mittelständische Unternehmen. In dieser Funktion hat er schon zahlreiche Unternehmen dabei unterstützt, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme erfolgreich aufzulegen und durchzuführen.

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