Virtuelle Gesellschafterversammlung per Zoom, Teams etc: Vor- und Nachteile

Virtuelle Gesellschafterversammlungen (auch “Online-Versammlung” oder “Videoversammlung” genannt) sind seit Beginn der Corona-Pandemie im Mainstream der Geschäftswelt angekommen. Mit Videoübertragungstools wie Zoom, Teams, Google Meet oder Webex lassen sich virtuelle Versammlungen einfach abhalten. Zukünftig könnte das sogenannte Metaverse sogar noch eine weitere interessante Variante zur Verfügung stellen, um sich virtuell zu versammeln und abzustimmen.

Wirksame Beschlüsse können auf virtuellen Versammlungen jedoch nur gefasst werden, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Diese Voraussetzungen müssen für eine virtuelle Versammlung erfüllt sein

Mittlerweile gilt die gesetzliche Grundregel, dass eine Gesellschafterversammlung als Videoversammlung zulässig ist, wenn sich sämtliche Gesellschafter in Textform (z.B. per Email) damit einverstanden erklären.1

In den meisten modernen Gesellschaftsverträgen sind Regeln für virtuelle Versammlungen standardmäßig enthalten. Deswegen lohnt sich der Blick in den Gesellschaftsvertrag!

Im Zweifel sind für die virtuelle Versammlung die entsprechenden Formalien zur virtuellen Präsenzversammlung zu erfüllen, also vor allem eine frist- und formgerechte Einberufung der Versammlung. Als „Versammlungsort“ sind in der Einladung dann jedoch die Videoplattform und die entsprechenden Logindaten anzugeben.

Ein hilfreiches Tool für die Berechnung der Ladungsfrist ist der Resolvio-Fristenrechner.

3 Vorteile der virtuellen Versammlung

Vorteil 1: Mehrheitsentscheidungen möglich (wenn der Gesellschaftsvertrag dies zulässt)

Der entscheidende Vorteil einer virtuellen Gesellschafterversammlung ist derselbe, wie bei der förmliche Gesellschafterversammlung: ⚔️ Mehrheitsentscheidungen sind möglich – allerdings nur, wenn der Gesellschaftsvertrag dies ausdrücklich zulässt und wenn auch alle notwendigen Formalien erfüllt sind, die im Gesellschaftsvertrag vorgesehen sind. Im Zweifel gelten die formellen Anforderungen einer förmlichen Gesellschafterversammlung entsprechend.

Vorteil 2: Kein körperliches Treffen notwendig

Egal, ob eine weltweite Pandemie grassiert oder die Gesellschafter auf Dienstreise sind. Mit einer virtuellen Versammlung kann man sich kommunikativ und optisch begegnen und gleichzeitig zu Hause bleiben. Dies spart Reise- und Mietkosten und schont zugleich die Umwelt.

Vorteil 3: Videokonferenzen lassen Diskussionen und Erklärungen zu

Eine virtuelle Versammlung kann eine besonders sinnvolle Variante für die Beschlussfassung sein, wenn noch Diskussions- oder Erklärungsbedarf zu einem Entscheidungsthema besteht und die Gesellschafter sich hierfür nicht “in der echten Welt” treffen möchten. Denn eine virtuelle Versammlung – insbesondere im Rahmen einer Videokonferenz – lässt es zu, dass man sich vor der Abstimmung ausspricht oder einen gemeinsamen Blick auf einen geteilten Bildschirm wirft, um z.B. einen Vertragsentwurf durchzusprechen.

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Nachteile der virtuellen Versammlung

Nachteil 1: Regelmäßig hohe Formalienlast

Anders als bei der förmlichen Präsenz-Gesellschafterversammlung ergeben sich die einzuhaltenden Formalien in erster Linie nicht aus dem Gesetz, sondern aus dem Gesellschaftsvertrag. Trotzdem bleibt die Formalienlast regelmäßig vergleichbar hoch – denn wenn Mehrheitsentscheidungen möglich sind, sind Formalien notwendig, um eine ordnungsgemäße Beteiligung aller Stimmberechtigten zu gewährleisten.

Das macht die virtuelle Versammlung ebenfalls ⚠️ besonders fehleranfällig. Für wichtige Entscheidungen, die im Gesellschafterkreis hochumstritten sind, sollte ein im Gesellschaftsrecht bewanderter Rechtsanwalt hinzugezogen werden, um die Wirksamkeit der Beschlussfassung zu garantieren.

Nachteil 2: Zeitlich geringe Flexibilität

Virtuelle Versammlungen erzwingen – genauso wie Vollversammlung und Förmliche Gesellschafterversammlung – dass alle Gesellschafter sich auf einen bestimmten Versammlungstermin einigen und ihre Stimme in einem engen Zeitfenster abgeben (“Synchronität der Abstimmung”). Dies macht die virtuelle Versammlung – im Gegensatz zu Umlaufbeschluss -⌛zeitlich unflexibel.

Das kann vor allem für zeitlich sehr stark eingebundene Gesellschafter ein schwerer Nachteil sein.

Nachteil 3: Technologie bleibt dazwischen

Auch wenn man sich mithilfe der Videotools gut unterhalten kann – eine Diskussion von Angesicht zu Angesicht fühlt sich anders an und ist für die Auflösung von Konflikten erfahrungsgemäß weit besser geeignet. Im Vergleich zur förmlichen Gesellschafterversammlung und zur Vollversammlung ist die virtuelle Versammlung daher oftmals nicht so gut geeignet, um Zwistigkeiten über ein Beschlussthema aus dem Weg zu räumen.

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Die passende Beschlussfassungsart für jede Situation

Dieser Artikel ist der fünfte Teil einer Artikelserie zu den verschiedenen Arten der Beschlussfassung.

Im Laufe dieser Artikelserie werden wir uns die Vor- und Nachteile von jeder Beschlussfassungsart genau anschauen. Am Ende dieser Serie wird jeder Gesellschafter und jeder Geschäftsführer (aber auch jeder Aufsichtsrats- oder Beiratsvorsitzende) genau wissen, wann er auf welche Beschlussfassungsart zurückgreift.

Hier der Überblick auf die bereits erschienen und geplanten Artikel:

  1. Förmliche Präsenzversammlung
  2. Vollversammlung
  3. Umlaufbeschluss
  4. Virtuelle Versammlung (dieser Artikel)
  5. Fazit: Das ist die richtige Beschlussfassungsart für dich

Fußnoten

  1. Siehe § 48 Abs. 1 Satz 2 GmbHG: “Versammlungen können auch fernmündlich oder mittels Videokommunikation abgehalten werden, wenn sämtliche Gesellschafter sich damit in Textform einverstanden erklären.”. ↩︎
Deutschland
Rechtsform
GmbH
Gremienart
Gesellschafter
Inhaltsverzeichnis

Gremien und Beschlüsse. Einfach und digital.

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Ein Artikel von

Hubertus Scherbarth, LL.M, B.A
Hubertus Scherbarth, LL.M, B.A

Rechtsanwalt, Steuerberater

Hubertus ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit dem Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht und arbeitet daran, die Digitalisierung der Beschlussfassung voranzutreiben.

Hubertus hat sich schon mit Beschlüssen beschäftigt, als er beim Notar eine Ausbildung zum Notarfachangestellten machte. Derzeit promoviert er zu einem gesellschaftsrechtlichen Thema im Bereich der Managerhaftung.

Kurzvita:

2010 - Ausbildung in Notariat Koblenz zum Notarfachangestellten.

2010-2018 - Studium der Rechtswissenschaft und Europäischen Kunstgeschichte an den Universitäten Heidelberg, Sorbonne-Paris und Krakau, Erstes Juristisches Staatsexamen 2015 (Schwerpunkt Gesellschaftsrecht), Bachelorprüfung Kunstgeschichte 2018.

Seit 2015 - Arbeit an einer Dissertation auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ("Haftung des fehlerhaften Organwalters").

2019-2021 - Referendariat am Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

2020 - Steuerberaterprüfung.

2021 - Zweites Juristisches Staatsexamen.

Seit 2021 - Zugelassen als Rechtsanwalt und Steuerberater, Tätigkeit in überregionaler Anwaltskanzlei im Gesellschaftsrecht.

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