Nachvertragliches Wettbewerbsverbot für Geschäftsführer und Vorstände: Hierauf ist zu achten (mit Muster-Vorlage)
Wenn ein GmbH-Geschäftsführer oder ein AG-Vorstand ausscheidet, kann er sein altes Unternehmen mit einer anschließenden Konkurrenztätigkeit oft besonders hart schädigen. Genau hiervor kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot schützen, wenn es wirksam beschlossen und vereinbart worden ist. In diesem Artikel erklären wir, worauf Sie achten müssen, damit das nachvertragliche Wettbewerbsverbot am Ende auch Bestand hat. Außerdem zeigen wir, mit welchen Gestaltungsmöglichkeiten Sie das nachvertragliche Wettbewerbsverbot genau auf die Bedürfnisse Ihres Unternehmens zuschneiden können.
Vorab der Hinweis zu der anwaltlich entwickelten Muster-Vorlage für ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot (optional mit Kundenschutz-, Abwerbeverbot- und Vertragsstrafe-Klauseln):
Bei Wettbewerbsverboten ist weniger oft mehr
Bei nachvertragliches Wettbewerbsverboten gilt eine Grundregel, die man als Unternehmer, der sein Unternehmen schützen möchte, stets im Blick haben sollte:
“Weniger ist mehr”
Was soll damit gemeint sein? Bekanntermaßen gelten für Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder zwar nicht die noch strengeren gesetzlichen Beschränkungen für Arbeitnehmer. Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Rechtsprechung1 auch für Geschäftsführer und Vorstände für die Vereinbarung von Wettbewerbsverboten strenge rechtliche Grenzen aufgestellt.
Hintergrund dieser Grenzen ist, dass mit einem zu umfangreichen Wettbewerbsverbot zu stark in die (grundrechtlich geschützte!) Berufsfreiheit des ausscheidenden Geschäftsführers bzw. Vorstandsmitglieds eingegriffen wird. Wenn diese Grenzen überschritten werden, führt dies oft zur Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB. Das ganze Wettbewerbsverbot ist dann in der Regel nichtig und wirkungslos. Die beabsichtigte Schutzfunktion für das Unternehmen läuft in diesen Fällen oft leer.
Basics bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots
Wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart werden soll, sollte man die folgenden rechtlichen Basics beachten:
- In der Vereinbarung des nachträglichen Wettbewerbsverbots sollten die Interessen des betroffenen Geschäftsführers und Vorstands angemessen berücksichtigt werden (Was das konkret heißen kann? Hierzu unten mehr!)
- Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist eine Ergänzung des Anstellungsvertrags des Geschäftsführers bzw. Vorstands (auch Dienstvertrag genannt). Daher ist für die wirksame Vereinbarung ein Beschluss des zuständigen Anstellungsgremiums notwendig. Das sind bei der GmbH in der Regel die Gesellschafter, bei der Aktiengesellschaft hingegen der Aufsichtsrat.
Voraussetzungen für ein wirksames Wettbewerbsverbot
Damit ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für einen GmbH-Geschäftsführer oder AG-Vorstand wirksam ist, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:
- Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft
- Angemessene räumliche, zeitliche und gegenständliche Begrenzung
- Keine unbillige Erschwerung des beruflichen Fortkommens des Organmitglieds
Schauen wir uns diese Punkte im Detail an:
Berechtigtes Interesse der Gesellschaft
Das Unternehmen muss ein schützenswertes Interesse nachweisen können, das die Einschränkung der Berufsfreiheit des Geschäftsführers oder Vorstands rechtfertigt. Dies kann beispielsweise der Schutz von Geschäftsgeheimnissen, Kundenkontakten oder speziellem Know-how sein.
Angemessene Begrenzung
Ein Wettbewerbsverbot darf in räumlicher, zeitlicher und gegenständlicher Hinsicht nicht über das notwendige Maß hinausgehen. In der Praxis hat sich eine maximale Dauer von zwei Jahren als Maximalwert etabliert. Räumlich sollte das Wettbewerbsverbot nur dort gelten, wo das zu schützende Unternehmen auch tatsächlich aktiv am Markt tätig ist. Und gegenständlich ist darauf zu achten, dass dem ausscheidenden Geschäftsführer bzw. Vorstand nur solche Tätigkeiten verboten werden, die dem Unternehmen tatsächlich auch erheblich schädigen können.
Berücksichtigung der Interessen des Organmitglieds
Das Wettbewerbsverbot darf die zukünftigen beruflichen Möglichkeiten des Geschäftsführers oder Vorstands nicht unangemessen einschränken. Hier ist eine sorgfältige Abwägung der beiderseitigen Interessen erforderlich.
Karenzentschädigung: Besonderheiten bei GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen
Anders als bei Arbeitnehmern besteht bei GmbH-Geschäftsführern und AG-Vorständen keine gesetzliche Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung. Dennoch ist es in der Praxis üblich, eine solche Entschädigung zu vereinbaren. Sie dient als Ausgleich für die Einschränkung der beruflichen Möglichkeiten des Organmitglieds und erhöht die Chancen, dass das Wettbewerbsverbot einer gerichtlichen Überprüfung standhält. Im Zweifel ist es daher in vielen Fällen empfehlenswert, eine Karenzentschädigung in der Vereinbarung über das nachvertragliche Wettbewerbsverbot vorzusehen.
Höhe der Karenzentschädigung
Die Höhe der Karenzentschädigung kann frei vereinbart werden. In der Praxis orientiert man sich oft an der Regelung für Arbeitnehmer (mindestens 50% der zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen).
Aktuelle Entwicklung: Rückwirkender Wegfall der Karenzentschädigung
2Eine jüngste Entscheidung des BGH hat die Rechtslage weiter präzisiert: Demnach kann ein rückwirkender und vollständiger Wegfall der Karenzentschädigung bei Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot wirksam vereinbart werden. Dies stärkt die Position der Unternehmen, erhöht aber auch die Risiken für Geschäftsführer und Vorstände.
Eine solche Klausel findet sich beispielsweise in der Resolvio-Beschlussvorlage für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots. Hier geht es zur Vorlage (Registrierung notwendig).
Praktische Gestaltung von Wettbewerbsverboten
Bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Klare Definition des Umfangs des Wettbewerbsverbots
- Festlegung der Dauer (in der Regel maximal zwei Jahre)
- Im Zweifel: Vereinbarung einer angemessenen Karenzentschädigung
- Regelungen für den Fall eines Verstoßes (z.B. Vertragsstrafen)
- Möglichkeit eines Verzichts seitens des Unternehmens
Resolvio bietet speziell eine Beschlussvorlage für die Ergänzung des Anstellungsvertrags um ein nachträgliches Wettbewerbsverbot, die die neueste BGH-Rechtsprechung berücksichtigt. Dies ist besonders wertvoll, wenn ein bestehendes Vertragsverhältnis um ein Wettbewerbsverbot ergänzt werden soll.
Durchsetzung und Folgen bei Verstößen
Im Falle eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsverbot stehen dem Unternehmen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung:
- Unterlassungsanspruch
- Schadensersatzforderungen
- Vertragsstrafen (sofern vereinbart)
- Wegfall der Karenzentschädigung (auch rückwirkend, wenn entsprechend vereinbart)
Die jüngste BGH-Rechtsprechung hat die Position der Unternehmen in diesem Bereich gestärkt, indem sie die Möglichkeit eines rückwirkenden Wegfalls der Karenzentschädigung bestätigt hat. Dies gilt sowohl für GmbH-Geschäftsführer als auch für AG-Vorstände.
Zusatzoptionen zur Verstärkung des Wettbewerbsverbots
Um den Schutz des Unternehmens zu maximieren, können neben dem eigentlichen Wettbewerbsverbot weitere Klauseln vereinbart werden. Die Resolvio-Muster-Vorlage bietet die Möglichkeit, diese Zusatzoptionen flexibel auszuwählen und in die Vereinbarung aufzunehmen:
1. Kundenschutzklausel
Eine Kundenschutzklausel verbietet dem ausgeschiedenen Organmitglied, aktiv Geschäftsbeziehungen zu Kunden des Unternehmens aufzunehmen. Dies kann ergänzend zu einem umfassenden Wettbewerbsverbot sinnvoll sein, wenn in dem Unternehmen eine persönlichen Kundenbeziehung eine besondere Rolle spielt.
Wichtige Aspekte bei der Gestaltung einer Kundenschutzklausel sind:
- Klare Definition des geschützten Kundenkreises (z.B. Kunden der letzten 2-3 Jahre)
- Angemessene zeitliche Begrenzung (in der Regel nicht länger als das Wettbewerbsverbot)
2. Mitarbeiter-Abwerbeverbot
Ein Mitarbeiter-Abwerbeverbot untersagt dem ehemaligen Geschäftsführer oder Vorstand, Mitarbeiter des Unternehmens abzuwerben oder einzustellen. Dies schützt das Unternehmen vor dem Verlust wichtiger Fachkräfte und Know-how-Träger.
Bei der Gestaltung sollten folgende Punkte beachtet werden:
- Angemessene zeitliche Begrenzung (üblicherweise 1-2 Jahre)
- Klare Definition des geschützten Personenkreises
- Berücksichtigung möglicher Einschränkungen durch das Arbeitsrecht
3. Vertragsstrafe
Eine Vertragsstrafe dient als zusätzlicher Anreiz zur Einhaltung des Wettbewerbsverbots und erleichtert die Durchsetzung im Falle eines Verstoßes. Sie kann sowohl für Verstöße gegen das eigentliche Wettbewerbsverbot als auch für Verstöße gegen die Kundenschutzklausel oder das Abwerbeverbot vereinbart werden.
Wichtige Aspekte bei der Vereinbarung einer Vertragsstrafe:
- Angemessene Höhe (orientiert an der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots)
- Klare Regelung, ob die Strafe pro Verstoß oder als Pauschalbetrag fällig wird
- Mögliche Staffelung der Strafe bei wiederholten Verstößen
Die Resolvio-Muster-Vorlage ermöglicht es, diese Zusatzoptionen flexibel zu kombinieren und an die spezifischen Bedürfnisse des Unternehmens anzupassen.
Es ist wichtig zu beachten, dass die Kombination mehrerer Schutzklauseln die Gesamtbelastung für das Organmitglied erhöht. Dies muss bei der Interessenabwägung und der Beurteilung der Angemessenheit berücksichtigt werden.
Fazit und Ausblick
Nachvertragliche Wettbewerbsverbote für GmbH-Geschäftsführer und AG-Vorstände sind ein komplexes rechtliches Thema, das sich ständig weiterentwickelt. Die jüngste Rechtsprechung des BGH hat die Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen erweitert, gleichzeitig aber auch die Risiken für Organmitglieder erhöht.
Für beide Seiten ist es ratsam, bei der Vereinbarung nachvertraglicher Wettbewerbsverbote sorgfältig vorzugehen und rechtlichen Rat einzuholen. Die korrekte Gestaltung solcher Vereinbarungen ist entscheidend für ihre Wirksamkeit und Durchsetzbarkeit.
Durch die Nutzung der Resolvio-Plattform für die digitale Beschlussfassung und die Verwendung der dort bereitgestellten Vorlagen, insbesondere der Vorlage für die Ergänzung des Anstellungsvertrags um ein nachträgliches Wettbewerbsverbot, können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Beschlusstexte auf dem aktuellsten Stand der Rechtsprechung basieren. Dies bietet sowohl für die Gesellschaft als auch für das Organmitglied ein hohes Maß an Rechtssicherheit.
Fußnoten
- Vergleiche etwa BGH NJW 1984, 2366; BGH NJW 1992, 1892; BGH DStR 2002, 735; BGH NZG 2008, 753; OLG München NZA-RR 2019, 82. ↩︎
- BGH, Urteil vom 23. April 2024, II ZR 99/22. ↩︎
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Ein Artikel von
Hubertus Scherbarth, LL.M, B.A
Rechtsanwalt, Steuerberater
Hubertus ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit dem Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht und arbeitet daran, die Digitalisierung der Beschlussfassung voranzutreiben.
Hubertus hat sich schon mit Beschlüssen beschäftigt, als er beim Notar eine Ausbildung zum Notarfachangestellten machte. Derzeit promoviert er zu einem gesellschaftsrechtlichen Thema im Bereich der Managerhaftung.
Kurzvita:
2010 - Ausbildung in Notariat Koblenz zum Notarfachangestellten.
2010-2018 - Studium der Rechtswissenschaft und Europäischen Kunstgeschichte an den Universitäten Heidelberg, Sorbonne-Paris und Krakau, Erstes Juristisches Staatsexamen 2015 (Schwerpunkt Gesellschaftsrecht), Bachelorprüfung Kunstgeschichte 2018.
Seit 2015 - Arbeit an einer Dissertation auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ("Haftung des fehlerhaften Organwalters").
2019-2021 - Referendariat am Oberlandesgericht Frankfurt am Main.
2020 - Steuerberaterprüfung.
2021 - Zweites Juristisches Staatsexamen.
Seit 2021 - Zugelassen als Rechtsanwalt und Steuerberater, Tätigkeit in überregionaler Anwaltskanzlei im Gesellschaftsrecht.
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