Mitarbeiterbeteiligung steuerfrei bzw. steueroptimiert: Hierauf kommt es an!

Der Erfolg einer Mitarbeiterbeteiligung ist davon abhängig, dass sie steuerfrei ausgestaltet ist oder zumindest zu keinen erheblichen steuerlichen Nachteilen bei den beteiligten Mitarbeitern führt. Da es bei der Mitarbeiterbeteiligung ja gerade darum geht, den Mitarbeiter zu motivieren, ist eine übermäßige Steuerbelastung daher typischerweise ein echter road blocker.

Deswegen ist es wichtig, dass ein Unternehmer, der die Vorteile der Mitarbeiterbeteiligung nutzen möchte, versteht, wie sich die Beteiligungsmodelle steuerlich auswirken und wie er steuerliche Nachteile vermeiden kann. In diesem Artikel erklären wir Ihnen, welche steuerlichen Vor- und Nachteile bei der Mitarbeiterbeteiligung zu beachten sind und wann eine Mitarbeiterbeteiligung steuerfrei möglich ist.

So nutzen Sie Steuerfreibeträge

Seit 2024 gilt für jeden Mitarbeiter ein steuer- und sozialversicherungsfreier Freibetrag von 2.000 € jährlich. D.h. ein Unternehmen kann seinen Mitarbeitern entweder jedes Jahr Mitarbeiteranteile in Höhe von 2.000 € lohnsteuerfrei “schenken” oder es kann z.B. Anteile im Wert von 4.000 € mit einem steuerfreien Zuschuss von 2.000 € verbilligt anbieten. 

Dieser steuerfreie Freibetrag steht jedoch nur bei Mitarbeiterbeteiligungsmodellen zur Verfügung, die die folgenden Bedingungen erfüllen:

  • Das Mitarbeiterprogramm muss allen Mitarbeitern, deren Vertrag mindestens ein Jahr oder länger währt, offenstehen.1
  • Die Mitarbeiterbeteiligung muss eine “begünstigte Vermögensbeteiligung” sein, die der Gesetzgeber abschließend definiert hat.2

Die Ausnutzung der Steuerfreibeträge ist vor allem dann sinnvoll, wenn die Mitarbeiterbeteiligung zur Mitarbeitermotivation und -Bindung eingesetzt werden soll, weil hier bereits kleinere Beteiligungsbeträge eine große Wirkung haben können. Doch auch für die Startup-Mitarbeiterbeteiligung können die Steuerfreibeträge einen schönen Gehaltsbonus für den Mitarbeiter bedeuten.

Keine Angst vor der Anteilsbewertung

Die Steuer bemisst sich grundsätzlich nach dem geldwerten Vorteil, den der Mitarbeiter durch eine Anteilsübertragung erhält. Um diesen Vorteil beziffern zu können, ist die Unternehmensbewertung entscheidend, denn hiervon leitet sich der Wert der Anteile an dem Unternehmen ab. 

Für die Ermittlung der Unternehmensbewertung gelten die folgenden Grundsätze:

  • Bei börsennotierten Aktien gilt der Börsenpreis.3 
  • Wenn der letzte Anteilsverkauf oder die letzte Finanzierungsrunde nur maximal 1 Jahr zurückliegt, leitet das Finanzamt die Unternehmensbewertung hieraus im Dreisatz ab.4 In diesen Fällen lässt sich eine etwaige steuerliche Belastung für den Mitarbeiter also unproblematisch ermitteln.
  • Wenn der letzte Anteilsverkauf oder die letzte Finanzierungsrunde über 1 Jahr zurückliegt, wird es komplizierter: In einem solchen Fall ist für die Bewertung in der Regel der steuerliche Ertragswert anzusetzen, den das Finanzamt nach dem  vereinfachten Ertragswertverfahren berechnet.

Dry-Income-Besteuerung vermeiden: Zuflusszeitpunkt und Startup-Privileg

In den meisten Fällen soll auf jeden Fall verhindert werden, dass der Mitarbeiter den Anteil, den er erhält, sofort versteuern muss. Problematisch ist dabei, dass dem Arbeitnehmer mit der Zuteilung der Anteile keine sofortige Liquidität verschafft wird. Und ob er mit der Beteiligung überhaupt Geld verdient, wird in der Regel erst Jahre nach der Anteilsüberlassung klar, wenn z.B. das Startup verkauft wird oder an die Börse gebracht wird. 

Wann der Anteil versteuert werden muss, hängt von dem sogenannten “Zuflusszeitpunkt” ab. Das ist eine weitere wichtige Stellschraube, die entscheidend dafür ist, wann der geldwerte Vorteil besteuert werden muss. Zuflusszeitpunkt ist z.B. bei allen Formen der echten Mitarbeiterbeteiligung dann, wenn der Mitarbeiter den Anteil zugeteilt erhält. 

Die Zuflussbesteuerung wird dann problematisch, wenn der geldwerte Vorteil des Mitarbeitervorteils den steuerlichen Freibetrag (s.o.) übersteigt. Denn dann muss der Mitarbeiter Lohnsteuer auf Anteile zahlen, die noch “dry” sind, d.h. aus denen der Mitarbeiter noch nicht sofort Geld flüssig machen kann.

Um diese Dry-Income-Versteuerung zu vermeiden gibt es die folgenden vier Auswege:

Ausweg 1: Ausnutzung des Steuerfreibetrags

Die Mitarbeiter erhalten einen Zuschuss auf den Anteilserwerb höchstens in Höhe des Steuerfreibetrags (2.000 €). Allerdings ist die Einhaltung des Steuerfreibetrags gerade in Fällen, oft keine Alternative für Startups, die ihre Mitarbeiter teilweise mit Anteilen bezahlen oder wenn Führungskräfte wesentlich beteiligt werden sollen.

Ausweg 2: Startup-Privileg

Für Startup-Mitarbeiterbeteiligungen gilt seit 2024 einen großzügigeren und vereinfachten Steueraufschub, der für Startups die Vergütung von Mitarbeitern mit echten Anteilen (endlich) attraktiv macht. Hiernach wird der geldwerte Vorteil, der im Zeitpunkt der Anteilszuteilung bestand, erst später besteuert, nämlich dann, wenn es zum Verkauf des Mitarbeiteranteils kommt.

Dagegen kann eine Besteuerung nach Ablauf von 15 Jahren oder wenn der Mitarbeiter aus dem Unternehmen ausscheidet, jetzt dadurch verhindert werden, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Finanzamt erklärt, für die betreffende Lohnsteuer zu haften.6 Es ist bereits jetzt abzusehen, dass dies der Regelfall für die Mitarbeiterbeteiligung werden wird, denn hierdurch wird die Mitarbeiterbeteiligung zum attraktiven Gehaltsersatz für den Mitarbeiter, ohne dass er nach Jahren böse Steuerüberraschungen fürchten muss.

Außerdem hält das Startup-Privileg für den Fall, dass das Startup zwischenzeitlich weniger wert ist oder sogar pleite geht, ein weiteres “Sicherungsnetz” für den Mitarbeiter bereit: Wenn im Zeitpunkt der Besteuerung der Unternehmenswert gesunken ist, wird nicht der geldwerte Vorteil im Zuflusszeitpunkt besteuert, sondern der niedrigere spätere Wert. Es kann also sein, dass sich das Risiko verwirklicht, dass der Mitarbeiter für seine Anteile am Ende nichts erhält, weil das Startup nicht funktioniert hat. Es ist jetzt jedoch ausgeschlossen, dass der Mitarbeiter am Ende trotz dieser Nullnummer noch zusätzlich Steuern zahlen muss für Anteile, von denen er nie etwas gehabt hat.

Durch die Neuregelung des Startup-Privilegs kann der Mitarbeiter nun auch endlich von dem günstigeren Kapitalertragsteuersatz von nur 25% profitieren: Wenn die Anteile im Zeitpunkt des Verkaufs durch den Mitarbeiter zwischenzeitlich im Wert gestiegen sind und der Mitarbeiter beim Verkauf zusätzlichen Gewinn hiermit macht, wird dieser Wertanstieg nicht mit dem individuellen Einkommensteuersatz von bis zu 45 % besteuert, sondern nur mit 25 % Kapitalertragsteuer. Dies ist ein immenser Steuervorteil von ca. 50 %, der nur bei echten Anteilen für den Mitarbeiter zur Verfügung steht (Die Gewinne aus virtuellen Anteilen oder Aktienoptionen werden in der Regel mit dem individuellen Einkommensteuersatz von bis zu 45 % besteuert.)

Diese erheblichen Vorteile geltend jedoch nur, wenn es sich um ein Startup handelt. Als Startup gilt jedes Unternehmen mit den folgenden Merkmalen:

  • Gründung höchstens vor 20 Jahren,
  • keine Überschreitung der Schwellenwerte für KMU-Unternehmen im Jahr der Anteilszuteilung oder in den vorherigen 6 Kalenderjahren, nämlich:
    • höchstens 250 Mitarbeiter; 
    • Jahresumsatz höchstens EUR 50 Mio.; 
    • Jahresbilanzsumme höchstens EUR 43 Mio.

Ausweg 3: Growth Shares/Hurdle Shares/Negative Liquidationspräferenz

Unter Hurdle-Shares werden bei einer Mitarbeiterbeteiligung echte Anteile verstanden, bei welchen der Mitarbeiter jedoch nur von dem Wertzuwachs profitiert, der nach der Anteilsübertragung erfolgt. Im Ergebnis bedeutet dies, dass im Fall eines Mehrheits- oder Gesamtverkaufs, an welchem der Mitarbeiter mit seinen Anteilen teilnimmt, der der Wert der Mitarbeiter-Anteile im Übertragungszeitpunkt von dem Mitarbeiter-Erlösanteil abgezogen wird. Dies setzt eine Growth Shares-Gesellschaftervereinbarung zwischen allen Gesellschaftern voraus. Ein entsprechendes Beschluss-Muster für eine Growth Shares-Vereinbarung finden Sie in unserer Vorlagenbibliothek

➡️ Muster-Vorlage Growth Shares-Vereinbarung mit negativer Liquidationspräferenz

Ausweg 4: Nutzung von virtueller Mitarbeiterbeteiligungen/Aktienoptionen

Virtuelle Mitarbeiterbeteiligungsprogramme bzw. Aktienoptionen sind geeignet, um den Besteuerungszeitpunkt auf den Zeitpunkt eines Erlösereignisses zu verschieben. Hierdurch wird eine Dry-Income-Besteuerung zuverlässig verhindert. Nachteilig ist jedoch, dass der Mitarbeiter die verschobene Besteuerung in vielen Fällen mit dem Höchststeuersatz (sogenannte Reichensteuer) “bezahlen” muss, weil der gesamte Erlös auf einmal zu versteuern ist und als Lohn mit dem individuellen Einkommensteuersatz versteuert werden muss. Von der günstigen Kapitalertragsteuer (25 %) sind Mitarbeiter mit VSOPs/Phantom-Shares oder Aktienoptionen in der Regel vollständig ausgeschlossen.

Berücksichtigen Sie die unterschiedlichen Steuersätze!

Die letzte wesentliche Stellschraube für die Besteuerung ist natürlich die Höhe des Steuersatzes. Für die Besteuerung der Mitarbeiterbeteiligung spielen zwei Steuerarten die Hauptrolle: 

  1. die Lohnsteuer ( = Einkommensteuer): Der Steuersatz ist abhängig vom Jahreseinkommen und kann bis zu 45 % (Höchststeuersatz) betragen. 
  2. die Abgeltungssteuer (= Kapitalertragsteuer): Hier gilt ein pauschaler Steuersatz von 25 %.8

Geldwerte Vorteile, die ein Mitarbeiter mit der Zuteilung von Mitarbeiteranteilen erhält, unterfallen der Lohnsteuer, soweit der Freibetrag (s.o.) nicht greift (ggf. mit Steueraufschub, s.o.). Alle Gewinne, die der Mitarbeiter danach mit der Veräußerung seiner Anteile z.B. im Fall eines Börsengangs des Startups erzielt, unterfallen der günstigeren Kapitalertragsteuer.

Aufgrund der unterschiedlichen Steuersätze ist es für den Mitarbeiter in aller Regel günstiger, so wenig wie möglich im Wege der Lohnsteuer versteuern zu müssen und einen möglichst hohen Betrag im Wege der Kapitalertragsteuer. Von der günstigen Besteuerung profitieren Mitarbeiter daher vor allem bei echten Mitarbeiterbeteiligungen. Bei virtuellen Beteiligungen (Phantom Shares bzw. VSOPs) und bei Aktienoptionen fällt der Besteuerungszeitpunkt in der Regel mit der Optionsausübung/dem Verkauf zusammen, sodass in diesem Fall die Besteuerung vergleichsweise nachteilig ist.

Unternehmen beachten zudem, dass die Erfüllung einer rein schuldrechtlichen Verbindlichkeit als Betriebsausgabe steuerwirksam geltend gemacht werden könnten.

Fußnoten

  1. Siehe § 3 Nr. 39 Satz 2 EStG. ↩︎
  2. Die für den Freibetrag verfügbaren Vermögensbeteiligungsarten für Mitarbeiter sind: Aktien, Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen, Genussscheine mit Gewinnanspruch, Geschäftsguthaben bei Genossenschaften, GmbH-Beteiligungen, stille Beteiligungen, Darlehensforderungen, Genussrechte, siehe § 3 Nr. 39 Satz 1 EStG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstaben a, b und f bis l, Abs. 2 bis 5 Vermögensbildungsgesetz. ↩︎
  3. Siehe § 11 Abs. 1 BewG. ↩︎
  4. Siehe § 11 Abs. 2 Satz 1 BewG. Untergrenze ist der Substanzwert, der in der Praxis der Unternehmensbewertung nur sehr selten eine Rolle spielt. ↩︎
  5.  Siehe § 19a Abs. 5 EStG und § 42e EStG. ↩︎
  6. Siehe § 19 Abs. 4a EStG. ↩︎
  7. Siehe BFH, Urteil v. 16.11.2022 – X R 17/20; hierzu: instruktiv: Mertes u.a., Steuerrechtliche Behandlung der Beteiligung von Mitarbeitern an der Arbeitgeber-GmbH unter besonderer Berücksichtigung der Implementierung von negativen Liquidationspräferenzen im Kontext sog. „growth shares“, DStR 2023, 1450 ff, und Friedberg/Rolvering, Bewertung von Gesellschaftsanteilen mit negativer Liquidationspräferenz, DStR 2023, 1578 ff. ↩︎
  8. Bei Beteiligungen über 1 % kommt zudem alternativ zur Abgeltungssteuer eine Versteuerung über das sogenannte Teileinkünfteverfahren in Betracht. Dessen Anwendung sollte im Einzelfall von dem Steuerberater des Mitarbeiters geprüft werden und wird zur Vereinfachung nachfolgend nicht weiter ausgeführt. Weitere Informationen zum Teileinkünfteverfahren finden Sie etwa hier: vlh.de. ↩︎
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Ein Artikel von

Moritz Riehl
Moritz Riehl

Rechtsanwalt

Rechtsanwalt Moritz Riehl ist spezialisiert auf die arbeits- und gesellschaftsrechtliche Beratung von mittelständische Unternehmen. In dieser Funktion hat er schon zahlreiche Unternehmen dabei unterstützt, Mitarbeiterbeteiligungsprogramme erfolgreich aufzulegen und durchzuführen.

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Hubertus Scherbarth, LL.M, B.A
Hubertus Scherbarth, LL.M, B.A

Rechtsanwalt, Steuerberater

Hubertus ist Rechtsanwalt und Steuerberater mit dem Schwerpunkt im Gesellschaftsrecht und arbeitet daran, die Digitalisierung der Beschlussfassung voranzutreiben.

Hubertus hat sich schon mit Beschlüssen beschäftigt, als er beim Notar eine Ausbildung zum Notarfachangestellten machte. Derzeit promoviert er zu einem gesellschaftsrechtlichen Thema im Bereich der Managerhaftung.

Kurzvita:

2010 - Ausbildung in Notariat Koblenz zum Notarfachangestellten.

2010-2018 - Studium der Rechtswissenschaft und Europäischen Kunstgeschichte an den Universitäten Heidelberg, Sorbonne-Paris und Krakau, Erstes Juristisches Staatsexamen 2015 (Schwerpunkt Gesellschaftsrecht), Bachelorprüfung Kunstgeschichte 2018.

Seit 2015 - Arbeit an einer Dissertation auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts ("Haftung des fehlerhaften Organwalters").

2019-2021 - Referendariat am Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

2020 - Steuerberaterprüfung.

2021 - Zweites Juristisches Staatsexamen.

Seit 2021 - Zugelassen als Rechtsanwalt und Steuerberater, Tätigkeit in überregionaler Anwaltskanzlei im Gesellschaftsrecht.

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